Sonntag, 2. Dezember 2012
 
Alice Schwarzer - Matriarchin im Abseits
Alice Schwarzer hat ihre Verdienste. Aber sie verspielt ihre Lebensleistung mit kruden Thesen wie im Fall Kachelmann. Und sie verläuft sich im Blätterwald des Boulevards. Zu wichtigen Themen wie der Frauenquote hört man jedoch nichts von ihr.
Financial Times Deutschland 01.12.2012
Miriam Gebhardt
Die Autorin lehrt als Historikerin an der Universität Konstanz und ist Autorin des Buches "Alice im Niemandsland. Wie die deutsche Frauenbewegung die Frauen verlor", das 2012 erschienen ist.

Die selbstbewusste Beharrlichkeit dieser Frau ist schon bewundernswert. Alice Schwarzer hat es tatsächlich geschafft, den Feminismus mit ihrer eigenen Person und Prominenz so zu verknüpfen, dass eine Marke daraus geworden ist. Das hat der Sache eine Zeit lang geholfen. Sie hat maßgeblichen Anteil daran, dass die Frauenbewegung aus den Hörsälen und "Quatschgruppen" der Achtundsechzigerinnen in die Mitte der Gesellschaft gelangt ist. Dafür hat Schwarzer zweimal das Bundesverdienstkreuz verdient. Doch über die Lobpreisungen der Jubilarin wollen wir nicht die andere Seite ihrer Bilanz vergessen. Der Paragraf 218, gegen den sie seit 1971 ankämpft, ist immer noch da. Ausreichende Betreuungsangebote für Kleinkinder, Ganztagsschulen, Vaterschutz analog zum Mutterschutz - Fehlanzeige. Und die Modernitätslücke zwischen den Geschlechtern will sich nicht schließen. Während die meisten jungen Frauen in ihren Lebensentwürfen in den letzten Jahrzehnten immer flexibler geworden sind, bleiben die meisten jungen Männer mit ihren alten Rollenvorstellungen verhaftet. Ihre Erwerbstätigkeit zugunsten von Fürsorgearbeit an Kindern und Alten zu beschränken erscheint den allermeisten jungen Männern immer noch undenkbar.

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Samstag, 1. Dezember 2012
 
Anklage gegen Mitarbeiterin des Jugendamtes Königswinter
Im Fall der von ihrer Pflegemutter am 22. Juli 2010 getöteten achtjährige Anna in Bad Honnef hat die Bonner Staatsanwaltschaft nun Anklage gegen die zuständige Mitarbeiterin des Jugendamtes Königswinter erhoben.
General-Anzeiger Bonn 30.11.2012
Rita Klein

Die Staatsanwaltschaft wirft der 45-jährigen Sozialpädagogin fahrlässige Körperverletzung in 26 Fällen durch Unterlassen vor. Darüber hinaus legt sie der nach wie vor bei der Stadt Königswinter angestellten Frau Verwahrungsbruch in Tateinheit mit Urkundenfälschung zur Last, weil sie nach Bekanntwerden des Todes des Kindes Urkunden aus der Fallakte verändert und vernichtet haben soll. Das teilte Behördensprecher Fred Apostel am Freitag mit.

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Justizministerin lässt Fall Mollath neu aufrollen
Die Justiz soll sich nach dem Willen von Bayerns Justizministerin Beate Merk neu mit dem Fall Gustl Mollath beschäftigen. Der 56-Jährige sitzt seit Jahren in der Psychiatrie. Vorwürfe, die er gegen die HypoVereinsbank erhoben hatte, wurden als Paranoia abgetan. Sie sind aber offenbar wahr.
SPIEGEL ONLINE 30.11.2012
ulz/dpa/dapd

Brisant ist der Fall, weil Mollath 2003 - nachdem er bereits angeklagt war - seine Frau, weitere Mitarbeiter der HypoVereinsbank und 24 Kunden beschuldigte, in Schwarzgeldgeschäfte verwickelt zu sein. Doch während die Nürnberger Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen einleitete, hat ein vor kurzem bekannt gewordenes Papier der Bank manche Vorwürfe Mollaths bestätigt. Für das Landgericht Nürnberg waren sie aber Teil eines "paranoiden Gedankensystems".

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Freitag, 30. November 2012
 
Gerichtsvollzieher: "Ich habe Mitleid mit den Kindern"
Ein 42-Jähriger stürzt im Dunkeln die Kellertreppe hinunter und stirbt. Joachim Sellin ist der Gerichtsvollzieher, der bei jenem 42-Jährigen den Stromzähler ausbauen ließ.
Mittelhessen.de 29.11.2012
(fiz.)

Sellin: "Ich prüfe immer beim Einwohnermeldeamt, ob bei der betroffenen Person Minderjährige leben. Denn nach meinem Rechtsverständnis besteht eine Gefahr, dass eine Verletzung der Fürsorgepflicht vorliegt, wenn Kinder ohne Strom leben müssen."

Frage: "Was passiert, wenn Sie das Jugendamt eingeschaltet haben?"

Sellin: "Ich weiß nicht, ob ein Mitarbeiter vom Jugendamt dann rausfährt. Aber ich habe den Eindruck, dass dafür keine Notwendigkeit gesehen wird."

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Was wiederholen uns tagtäglich die Gebetsmühlen der Jugendämter? "Oberster Maßstab unseres Handelns ist das Kindeswohl."

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Donnerstag, 29. November 2012
 
Lieblose Alleinverwirklicher bedrohen die Ehe
Ex-Arbeitsminister Norbert Blüm sorgt sich um die Institution Ehe: Lebenslange Partnerschaft sei keine reaktionäre Marotte, sondern Kern der Zivilisation. Ein Plädoyer für Liebe und Verantwortung.
DIE WELT 25.11.2012
Norbert Blüm

Das Scheidungsrecht antizipiert den Verfall des Familienrechts. Wie so oft in Umbruchzeiten nimmt die Ausnahme von heute die Normalität von morgen vorweg. Die Chronik der Familienrechtsänderung lässt sich wie das Protokoll der Unterspülung der Familie lesen.

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Mittwoch, 28. November 2012
 
Bundesregierung schönt Armutsbericht
Verwässert und verschleiert: Die Bundesregierung hat ihren Armutsbericht bewusst geschönt. Kritische Passagen zur Vermögensverteilung und zur zunehmenden Einkommensspreizung wurden gestrichen. Der Grund: Die ursprüngliche Version hat nicht "der Meinung der Bundesregierung" entsprochen.
Süddeutsche.de 28.11.2012
Thomas Öchsner

Die erste Fassung der amtlichen Analyse, die das Bundesarbeitsministerium alle vier Jahre erstellt, war Mitte September an die anderen Ressorts gegangen. Zwei Monate später fehlen nun bestimmte Sätze, mit denen die Beamten des Ministeriums von Ursula von der Leyen (CDU) einen durchaus kritischen Blick auf die Republik warfen.

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Mittwoch, 28. November 2012
 
Jugendamt gerät in die Kritik
In der Arbeit des Jugendamtes des Landkreises Harz gibt es gravierende Mängel. Dies wurde in einem Prüfbericht des Landesrechnungshofes festgestellt
Mitteldeutsche Zeitung 27.11.2012
Detlef Horenburg

So wurde beispielsweise kritisiert, dass der Landkreis Gelder aus der Jugendpauschale des Landes zweckentfremdet einsetzt. Diese werden nämlich teilweise dafür verwendet, dass Träger der Jugendhilfe damit ihren Eigenanteil zur Teilnahme am Fachkräfteprogramm aufbringen können.

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Deutlicher als der Landesrechnungshof kann man es nicht sagen: Das Geld ist für Kinder bestimmt, doch wer bekommt es? Die "Fachkräfte" des Jugendamtes!

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Sonntag, 25. November 2012
 
Ein Richter unter Verdacht
Dieter Reicherter glaubte sein Leben lang an den Rechtsstaat. Bis der Jurist es am "Schwarzen Donnerstag" von Stuttgart 21 selbst mit ihm zu tun bekam.
Frankfurter Rundschau 03.08.2012
Stephan Hebel

Als Dieter Reicherter hörte, wie die baden-württembergische CDU-/FDP-Regierung den Demonstranten (gegen Stuttgart 21, d. Presseblog) die Schuld am Desaster des „Schwarzen Donnerstags“ gab, dachte er: "Ich muss das aufklären." Im Schlafanzug setzte sich der Pensionär an den Computer und schrieb eine Dienstaufsichtsbeschwerde an den damaligen Innenminister des Bundeslandes, Heribert Rech, CDU. Im Verteiler zudem Parteien, Medien, die Staatsanwaltschaft. Die Beschwerde, schrieb Reicherter, lasse sich auch als Zeugenaussage verwenden, wenn die Ermittlungen gegen Einsatzleitung und Polizisten eingeleitet seien. Die Beschwerde ruht bis heute, weil die anderen Verfahren zum Polizeieinsatz noch laufen.

„Ich war der Auffassung, dass alles geklärt wird“, sagt der Ex-Richter und fügt hinzu: „Haja, heut könnt i au drüber lache.“

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Vom Richter "malträtiert und provoziert"
Augenzeugen berichten, wie der Angeklagte Gustl Mollath vom Richter im Prozess schikaniert und anschließend in die Psychatrie geschickt wurde. Der inzwischen pensionierte Jurist rechtfertigt seine umstrittene Verhandlungsführung - wird jedoch auch dabei wieder laut.
Süddeutsche.de 24.11.2012
Olaf Przybilla und Uwe Ritzer, Nürnberg

Laut Urteil soll Mollath ein paranoides Gedankensystem entwickelt haben. Er soll "unkorrigierbar" der Überzeugung sein, Personen aus dem Geschäftsfeld seiner früheren Ehefrau und diese selbst seien in ein "Schwarzgeldsystem" verwickelt.

Inzwischen haben sich viele der Vorwürfe, die Mollath über dunkle Bankgeschäfte erhoben hatte, als zutreffend erwiesen.

War die Verhandlungsführung des Richters fair, vor dem sich Mollath verantworten musste? Der Beschwerdebrief und mehrere Aussagen von Augenzeugen lassen nun starke Zweifel daran aufkommen.

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