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Sonntag, 30. Januar 2011
Verfassungsrichter fordern Querulanten-Gebühr
thopo, 10:11h
Immer häufiger muss man sich in Karlsruhe mit Bagatell-Beschwerden streitsüchtiger Wutbürger herumschlagen. Die wahrhaft wichtigen Sachen bleiben liegen. Nun allerdings schlagen die Verfassungshüter zurück.
Focus Online 22.01.2011
ges
Um seinen überlassteten Kollegen wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Verfahren zu verschaffen, will Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle deshalb eine Missbrauchsgebühr einführen, die Querulanten abschrecken soll. Wer zum Beispiel mehr als fünf Beschwerden in drei Jahren einreicht, würde in die Kategorie Dauerkläger fallen. Dann müsste er erst mehrere hundert Euro bezahlen, bevor sein Verfahren weiter bearbeitet wird.
Lesen Sie die vollständige Nachricht hier.
Ein weiterer wesentlicher Beitrag zur Entrechtung des Bürgers.
Zunächst hatte - vor Jahren schon - das Bundesverfassungsgericht dafür gesorgt, dass es mit § 93d BVerfGG die Möglichkeit bekam, Verfassungsbeschwerden ohne Begründung nicht zur Entscheidung anzunehmen - und zwar selbst dann, wenn sie in der Sache begründet sind. Von dieser Regelung macht das BVerfG reichlich Gebrauch - nach seiner eigenen Statistik werden im Durchschnitt nur ca. 2% aller Verfassungsbeschwerden zur Entscheidung angenommen. Bei einfachen Gerichten wird dies als Rechtsverweigerung bezeichnet - doch das BVerfG ist offenbar gleicher als die Gleichen.
Schritt 2: Im Jahre 2005 wurde dann vor einer Beschwerde über die Versagung des rechtlichen Gehörs die Gehörsrüge eingeführt und obligatorisch vorgeschrieben - ein weiterer Schritt, um den Bürger davon abzuhalten, die Verletzung seiner Grundrechte geltend zu machen. Denn zum einen wurden durch die Gehörsrüge die Fristen faktisch halbiert: Anstatt wie bisher innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der letztinstanzlichen Entscheidung Verfassungsbeschwerde zu erheben, muss der Beschwerdeführer nunmehr innerhalb von zwei Wochen Gehörsrüge erheben und zusätzlich nach zwei weiteren Wochen seine Verfassungsbeschwerde einreichen. Das ist zeitlich kaum zu bewältigen.
Zudem bestand für die Gehörsrüge Anwaltszwang, und zwar auch in Verfahren, die ansonsten anwaltsfrei waren. Fortan musste also der rechtssuchende Bürger, der sich bis dahin zulässigerweise selbst vertreten hatte, innerhalb von 14 Tagen einen Rechtsanwalt finden, der bereit war, sich in kürzester Zeit in die Materie einzuarbeiten und seine Gehörsrüge fristgerecht einzureichen. Zwar wurde der Anwaltszwang mit Inkrafttreten des neuen FamFG am 01.09.2009 wieder aufgehoben, doch an der faktischen Fristhalbierung hat dies nichts geändert.
Nun kommt also der dritte Streich in Form einer finanziellen Abschreckung. Die ist zwar nicht neu, denn auch bisher konnte das Bundesverfassungsgericht bei offensichtlich unbegründeten Verfassungsbeschwerden eine Missbrauchsgebühr erheben. Doch so viele "offensichtlich unbegründete" Verfassungsbeschwerden scheint es nicht zu geben, denn das BVerfG hat von dieser Möglichkeit in der Vergangenheit kaum Gebrauch gemacht. Deshalb will man nun den Menschen an die Geldbörse, die sich nach Meinung des BVerfG zu oft beschweren. Das - so Gerichtspräsident Voßkuhle - müssen ja Querulanten sein. Künftig sollen diese Beschwerden nicht etwa nach Prüfung als unbegründet zurückgewiesen werden - nein: ihre Bearbeitung wird von der Zahlung "mehrerer hundert Euro" abhängig gemacht.
Die Einhaltung der im Grundgesetz garantierten Grundrechte war schon bisher nicht garantiert, sondern das Ergebnis einer Lotterie mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von 2%. Nun werden die Grundrechte käuflich.
Wer - wie Caroline von Monaco - aus der Veröffentlichung ihres Konterfeis in der Regenbogepresse Kaiptal schlagen möchte, wird die "mehreren hundert" Euro aus der Portokasse aufbringen können. Hingegen wird z.B. für Eltern aus einfachen Verhältnissen, die ihre Kinder nicht mehr sehen dürfen, die Durchsetzung ihres Grundrechtes auf Achtung der Familie (Art. 6 GG) künftig nicht mehr erschwinglich sein. Vergessen wir nicht, dass zahlreiche Bürger sich angesichts der "üblichen rechtsverweigernden Praxis des Bundesverfassungsgerichts" (Zitat: Prof. Dr. Ekkehart Reinelt) wiederholt an das BVerfG wenden mussten, bis ihnen endlich ihr Recht zuteil wurde. Der berühmte Fall Görgülü wäre also das Ergebnis der Klagewut eines Querulanten? Das kann nicht ernst gemeint sein!
In einem Land, in dem jeder einzelne Parksünder unnachgiebig verfolgt wird, soll die Gewährung von Grundrechten aus Aufwandsgründen eingeschränkt werden. Nun wird deutlich, warum seinerzeit Bundesjustizministerin Brigitte Zypries lobend äußerte, in China stünden die Menschenrechte bereits in der Verfassung. Dort stehen sie in Deutschland auch, doch leider in zunehmendem Maße nur mit anekdotischen Charakter.
Es stellt sich immer mehr heraus, dass Deutschland eher bereit ist, jahrelang Kosten für die unnötige Heimunterbringung eines Kindes zu bezahlen - das sind zwischen 50.000 und 60.000 Euro pro Jahr -, als die im vergleich geringen Kosten für die gerichtliche Überprüfung der Maßnahme zu tragen.
2011 ist im Begriff, zu einem schwarzen Jahr für den Rechtsstaat Deutschland zu werden.
Wehret den Anfängen!
Focus Online 22.01.2011
ges
Um seinen überlassteten Kollegen wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Verfahren zu verschaffen, will Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle deshalb eine Missbrauchsgebühr einführen, die Querulanten abschrecken soll. Wer zum Beispiel mehr als fünf Beschwerden in drei Jahren einreicht, würde in die Kategorie Dauerkläger fallen. Dann müsste er erst mehrere hundert Euro bezahlen, bevor sein Verfahren weiter bearbeitet wird.
Lesen Sie die vollständige Nachricht hier.
Ein weiterer wesentlicher Beitrag zur Entrechtung des Bürgers.
Zunächst hatte - vor Jahren schon - das Bundesverfassungsgericht dafür gesorgt, dass es mit § 93d BVerfGG die Möglichkeit bekam, Verfassungsbeschwerden ohne Begründung nicht zur Entscheidung anzunehmen - und zwar selbst dann, wenn sie in der Sache begründet sind. Von dieser Regelung macht das BVerfG reichlich Gebrauch - nach seiner eigenen Statistik werden im Durchschnitt nur ca. 2% aller Verfassungsbeschwerden zur Entscheidung angenommen. Bei einfachen Gerichten wird dies als Rechtsverweigerung bezeichnet - doch das BVerfG ist offenbar gleicher als die Gleichen.
Schritt 2: Im Jahre 2005 wurde dann vor einer Beschwerde über die Versagung des rechtlichen Gehörs die Gehörsrüge eingeführt und obligatorisch vorgeschrieben - ein weiterer Schritt, um den Bürger davon abzuhalten, die Verletzung seiner Grundrechte geltend zu machen. Denn zum einen wurden durch die Gehörsrüge die Fristen faktisch halbiert: Anstatt wie bisher innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der letztinstanzlichen Entscheidung Verfassungsbeschwerde zu erheben, muss der Beschwerdeführer nunmehr innerhalb von zwei Wochen Gehörsrüge erheben und zusätzlich nach zwei weiteren Wochen seine Verfassungsbeschwerde einreichen. Das ist zeitlich kaum zu bewältigen.
Zudem bestand für die Gehörsrüge Anwaltszwang, und zwar auch in Verfahren, die ansonsten anwaltsfrei waren. Fortan musste also der rechtssuchende Bürger, der sich bis dahin zulässigerweise selbst vertreten hatte, innerhalb von 14 Tagen einen Rechtsanwalt finden, der bereit war, sich in kürzester Zeit in die Materie einzuarbeiten und seine Gehörsrüge fristgerecht einzureichen. Zwar wurde der Anwaltszwang mit Inkrafttreten des neuen FamFG am 01.09.2009 wieder aufgehoben, doch an der faktischen Fristhalbierung hat dies nichts geändert.
Nun kommt also der dritte Streich in Form einer finanziellen Abschreckung. Die ist zwar nicht neu, denn auch bisher konnte das Bundesverfassungsgericht bei offensichtlich unbegründeten Verfassungsbeschwerden eine Missbrauchsgebühr erheben. Doch so viele "offensichtlich unbegründete" Verfassungsbeschwerden scheint es nicht zu geben, denn das BVerfG hat von dieser Möglichkeit in der Vergangenheit kaum Gebrauch gemacht. Deshalb will man nun den Menschen an die Geldbörse, die sich nach Meinung des BVerfG zu oft beschweren. Das - so Gerichtspräsident Voßkuhle - müssen ja Querulanten sein. Künftig sollen diese Beschwerden nicht etwa nach Prüfung als unbegründet zurückgewiesen werden - nein: ihre Bearbeitung wird von der Zahlung "mehrerer hundert Euro" abhängig gemacht.
Die Einhaltung der im Grundgesetz garantierten Grundrechte war schon bisher nicht garantiert, sondern das Ergebnis einer Lotterie mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von 2%. Nun werden die Grundrechte käuflich.
Wer - wie Caroline von Monaco - aus der Veröffentlichung ihres Konterfeis in der Regenbogepresse Kaiptal schlagen möchte, wird die "mehreren hundert" Euro aus der Portokasse aufbringen können. Hingegen wird z.B. für Eltern aus einfachen Verhältnissen, die ihre Kinder nicht mehr sehen dürfen, die Durchsetzung ihres Grundrechtes auf Achtung der Familie (Art. 6 GG) künftig nicht mehr erschwinglich sein. Vergessen wir nicht, dass zahlreiche Bürger sich angesichts der "üblichen rechtsverweigernden Praxis des Bundesverfassungsgerichts" (Zitat: Prof. Dr. Ekkehart Reinelt) wiederholt an das BVerfG wenden mussten, bis ihnen endlich ihr Recht zuteil wurde. Der berühmte Fall Görgülü wäre also das Ergebnis der Klagewut eines Querulanten? Das kann nicht ernst gemeint sein!
In einem Land, in dem jeder einzelne Parksünder unnachgiebig verfolgt wird, soll die Gewährung von Grundrechten aus Aufwandsgründen eingeschränkt werden. Nun wird deutlich, warum seinerzeit Bundesjustizministerin Brigitte Zypries lobend äußerte, in China stünden die Menschenrechte bereits in der Verfassung. Dort stehen sie in Deutschland auch, doch leider in zunehmendem Maße nur mit anekdotischen Charakter.
Es stellt sich immer mehr heraus, dass Deutschland eher bereit ist, jahrelang Kosten für die unnötige Heimunterbringung eines Kindes zu bezahlen - das sind zwischen 50.000 und 60.000 Euro pro Jahr -, als die im vergleich geringen Kosten für die gerichtliche Überprüfung der Maßnahme zu tragen.
2011 ist im Begriff, zu einem schwarzen Jahr für den Rechtsstaat Deutschland zu werden.
Wehret den Anfängen!
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