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Dienstag, 4. Dezember 2007
 
Erste Hilfe für Europa
Die europäischen Regierungen müssen über ihren Schatten springen und den eigenen Bürgern endlich die Chance geben, über die Zukunft der Union zu entscheiden.
DIE ZEIT 29.11.2007
Jürgen Habermas

Die politische Union ist über die Köpfe der Bevölkerungen hinweg als ein Eliteprojekt zustande gekommen und funktioniert bis heute mit jenen demokratischen Defiziten, die sich aus dem wesentlich intergouvernementalen und bürokratischen Charakter der Gesetzgebung erklären. Die Osterweiterung hat mit dem krasseren Wohlstandsgefälle und der gesteigerten Interessenvielfalt einen entsprechend wachsenden Integrationsbedarf erzeugt, der Grenzen der Umverteilungsbereitschaft deutlich gemacht hat. Eine politische Verfassung sollte daher aus Besitzern weinroter Pässe europäische Bürger machen. Stattdessen besiegelt nun der abgespeckte Reformvertrag erst recht den elitären Charakter eines von den Bevölkerungen abgehobenen politischen Geschehens.

Lesen Sie die vollständige Nachricht hier.

Harsche Kritik, doch durchaus berechtigt. Nun muss die Europäische Union ihre Daseinsberechtigung erbringen. Was nützen hehre Werte wie die Europäische Menschenrechtskonvention, wenn das Parlament nicht in der Lage ist, Verletzungen dieser Konvention Einhalt zu gebieten? Wenn Vertreter eines Mitgliedsstaates im Europäischen Parlament offen die Meinung vertreten, sie seien an die Konvention oder Teile davon nicht gebunden, dann muss das Parlament deutlich reagieren, will es nicht Gefahr laufen, zur "Quasselbude" zu verkommen und, so Habermas,
"ins bekannte Muster nationaler Machtspiele zurück(zu)fallen."

Die EU-Parlamentarier wären gut beraten, die Vorwürfe der Petenten "brutalst möglich aufzuklären" (Zit. Roland Koch) und auf der Abstellung evtl. festgestellter Menschenrechtsverletzungen zu bestehen.

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Bamberger Erklärung
Aufgrund der großen Nachfrage veröffentlicht der Presseblog die "Bamberger Erklärung" im Wortlaut:

BAMBERGER ERKLÄRUNG

verabschiedet im Rahmen des internationalen Symposiums
„Deutsche Jugendämter und Europäische Menschenrechtskonvention“
Bamberg, 20. / 21. Oktober 2007

Leitung : Annelise Oeschger, Präsidentin der Konferenz der Internationalen Nichtregierungs-
organisationen des Europarates

Aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen und der Erfahrungen zahlreicher betroffener Familien
sowie Beiträgen von Fachleuten stellen die Teilnehmer des Symposiums fest:
  • Im Rahmen des Kinder- und Jugendschutzes in Deutschland, namentlich von Seiten der Jugendämter, kommt es zu Verletzungen der Menschenrechte, insbesondere der Artikel 3, 5, 6, 8, 13 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention.
  • Die Jugendämter in Deutschland unterstehen keiner wirksamen Kontrolle, weder fachlich noch rechtlich.
  • Jugendämter setzen sich oft über rechtskräftige Entscheide von Gerichten zum Sorgerecht und zum Umgang hinweg.
  • Unter dem Vorwand des Datenschutzes wird das elementare Recht der Informationsfreiheit und der Akteneinsicht für Angehörige und ihre Anwälte verletzt.
  • Die Entziehung des Sorgerechts sollte die ultima ratio sein und nur erfolgen, wenn Eltern erziehungsunfähig sind und das Kindeswohl mit keiner anderen Maßnahme garantiert werden kann. In der Praxis wird das Sorgerecht jedoch oft entzogen, ohne
    dass ein solcher Grund vorliegt und diese Tendenz hat sich in der letzten Zeit noch verstärkt. Dabei wird auch die Möglichkeit der Unterbringung des Kindes im familiären Umfeld zu wenig genutzt.
  • Die Wegnahme der Kinder erfolgt oft in menschenverachtender Art und Weise.
  • Statt dass die möglichst rasche Rückkehr des Kindes vorbereitet wird, wird das Kind den Eltern sehr oft entfremdet, durch direkte Beeinflussung des Kindes und / oder durch Verschleppung des Verfahrens durch das Jugendamt und die Gerichte. In vielen Fällen wird mit der nachlassenden Widerstandskraft und der finanziellen Überforderung der Eltern und deren Umfeld gerechnet.
  • Aus Angst vor Repressalien wagen es Eltern, unterstützende Personen und Fachleute oft nicht, gegen Maßnahmen oder Entscheide rechtliche Schritte zu unternehmen.
  • Den Eltern wird es oft unmöglich gemacht, die Rechte wahrzunehmen, die ihnen auch nach einem Sorgerechtsentzug zustehen (z. B. Kontakt mit der Schule und Mitspracherecht, Einverständnis bei medizinischen Eingriffen, religiöse Erziehung).
  • Während der Fremdunterbringung sind zahlreiche Kinder physischen und psychischen Misshandlungen ausgesetzt.
  • In zahlreichen Fällen wird den Eltern der Umgang mit ihren Kindern in ihrer Muttersprache verweigert oder den Kindern wird der Gebrauch ihrer Muttersprache untersagt. Dabei werden auch Körperstrafen angewendet.
  • Die Kontrolle der Pflegeheime und Pflegefamilien ist oft mangelhaft.
  • Die Mitarbeiter der Jugendämter können kaum straf- oder zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
  • Sowohl bei den Jugendämtern wie bei den Gerichten fehlt fachlich genügend ausgebildetes Personal. Eine Folge davon ist, dass sich beide zu sehr auf Gutachten verlassen, die oft einseitig sind. Von der Einholung von Gegengutachten oder Gutachten neutraler Experten, auch aus dem Ausland, wird oft abgesehen.
  • Statt dass sich Behörden auf Fakten stützen, legen sie ihren Entscheiden oft subjektive Meinungen und Vorurteile zu Grunde (Etiketten statt Fakten). Dieses Vorgehen ist vor allem da festzustellen, wo die Diagnose und / oder die Therapie unter medizinischen
    Fachleuten strittig ist, wie zum Beispiel bei der chronischen Borreliose und dem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADHS). Ein weiteres inakzeptables Vorgehen besteht darin, die wissenschaftlich höchst umstrittene Diagnose „Münchhausen-by-Proxy-Syndrom“ zur Begründung von Sorgerechtsentzügen zu missbrauchen. In diesen Fällen stehen häufig auch politische und wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel, was die Gefahr von Entscheidungen die das Kindeswohl außer Acht lassen, nochmals stark erhöht.
  • Die staatlich angeordnete Fremdunterbringung von Kindern scheint mehr und mehr von wirtschaftlichen Interessen geprägt zu sein. Zahlreiche Institutionen sind zum wirtschaftlichen Überleben auf die regelmäßige Zuteilung von Kindern angewiesen.
Die Teilnehmer des Symposiums fordern daher:
  • Die Umstrukturierung des Kinder- und Jugendschutzes, vor allem die Einführung einer unabhängigen und wirksamen Rechts- und Fachaufsicht, die Einführung eines unabhängigen Fachgremiums, das die Entscheide betreffend den Entzug des Sorgerechts unverzüglich und in der Folge auch die Vorbereitung der Rückkehr regelmäßig überprüft, sowie die obligatorische Fortbildung für das Personal von Jugendämtern und Familiengerichten.
  • Diese Umstrukturierung muss garantieren, dass Entscheide betreffend das Sorgerecht ausschließlich aufgrund von Fakten und nicht von Vorurteilen gefällt werden, zum Beispiel durch Einholung von mindestens zwei unabhängigen Gutachten.
  • Die konsequente Verfolgung strafrechtlich relevanter Handlungen, die von Mitarbeitern von Jugendämtern und Gerichten begangen werden.
  • Die Einführung der Stelle einer nationalen Ombudsperson für die Angelegenheiten des Kindes- und Jugendschutzes.
  • Die Menschenrechte auf Freiheit und Sicherheit und auf Achtung des Privat- und Familienlebens (EMRK Art. 5 und 8) dürfen nicht dem abgeleiteten Grundrecht auf
    Datenschutz untergeordnet werden. Auf allen Stufen des Verfahrens muss Transparenz für die Eltern und deren Vertreter garantiert werden.
  • Die Überprüfung der Rechts- und Zweckmäßigkeit aller aktuellen Fälle von Sorgerechtsentzug innerhalb kürzester Zeit durch ein eigens dafür eingesetztes
    unabhängiges nationales Fachgremium.
  • Die ideelle und materielle Rehabilitation der betroffenen Kinder und Familien.
  • Die Umsetzung der Empfehlungen des Menschenrechtskommissars des Europarats zuhanden der Bundesrepublik Deutschland (z.B. „die Aufnahme der Menschenrechte als Kernbestandteil der beruflichen Ausbildung im Justizvollzug und für Lehrer und Praktiker im Sozialwesen und Gesundheitsbereich“).
  • Die Aufnahme der Jugendamts-Problematik in den Folgebericht des Menschenrechtskommissars des Europarats zur Situation in Deutschland.
Die Teilnehmer des Symposiums erwägen:
  • Die Organisation einer Folgeveranstaltung in den nächsten Monaten.
  • Die Förderung der internationalen Vernetzung von betroffenen Familien, deren Vertretern und Experten diverser Fachrichtungen.
  • Die Einreichung einer Petition beim Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments, in der die Bundesrepublik Deutschland aufgefordert wird, alle aktuellen Fälle von Fremdplatzierung von Kindern zu überprüfen.

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