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Freitag, 12. Oktober 2007
 
Zurück zu Papa und Mama, zurück ins Elend
Aus Kostengründen sollen Heimkinder wieder nach Hause - das entschied das Jugendamt der Stadt Halle. Die Stadt könne damit viel Geld sparen. Familienrechtler und Sozialarbeiter sind empört.
Süddeutsche Zeitung 09.10.2007
Felix Berth

Das Jugendamt der Stadt Halle hat nun in einer Dienstanweisung festgelegt, dass möglichst viele der 314 Heimkinder in ihre Familien zurückgeschickt werden.

Amtschef Lothar Rochau verlangte im September "die Rückführung aller Kinder, Jugendlichen und jungen Volljährigen aus der Heimerziehung". In einer Tabelle rechnete er seinen Mitarbeitern die Auswirkungen vor: Würden neunzig Prozent der Kinder in ihre Familien zurückgeschickt, könnte die Stadt in zweieinhalb Monaten 2,2 Millionen Euro sparen.

Lesen Sie die vollständige Nachricht hier.

Wieder einmal wird deutlich, worum es wirklich geht: Geld, Geld regiert die Welt. Das aber kann nicht die Grundlage für eine Entscheidung für oder wider Heimunterbringung von Kindern sein.

Noch gilt Art. 6 GG: Die Heimunterbringung kann nur eine ultima ratio sein, wenn alle andere Hilfen gescheitert sind oder zu scheitern drohen. Es gibt nun durchaus Fälle, in denen das zum Schutze der Kinder angebracht ist. Aber die Frage, ob ein Kind in ein Heim gehört oder nicht und wann es wieder herauskann, darf auf keinen Fall von finanziellen Erwägungen abhängen. Und genau das scheint in Halle der Fall zu sein. Zu offensichtlich stehen die Einsparpotenziale im Vordergrund der Überlegungen. Die Argumente zum Kindeswohl scheinen verschämt nachgeschoben worden zu sein, als Antwort auf die Anwürfe des Herrn Salgo.

Unverantwortlich auch die Schwarzweiß-Malerei des Journalisten Felix Berth. Nicht in jedem Fall ist "zurück zu Mama und Papa" gleichbedeutend mit "zurück ins Elend". Die Bundesrepublik Deutschland ist bereits wiederholt vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden, weil Kinder vorschnell ihren Familien entrissen wurden. Da wäre ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl bei der Berichterstattung durchaus angebracht.

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