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Mittwoch, 9. Januar 2008
 
Entrückte Richter
FAZ 09.01.2008
Reinhard Müller

Der Angeklagte staunte nicht schlecht. Der Zwanzigjährige, der sich wegen eines Verkehrsdelikts verantworten musste, hatte den Rat seiner Schwester befolgt und sich vor Gericht ordentlich angezogen. Die Folge: Der Strafrichter wandte nicht Jugend-, sondern Erwachsenenstrafrecht an: „Sie wirken schon so reif.“

Lesen Sie die vollständige Nachricht hier.

Auf den ersten Blick beschäftigt sich der Artikel mit strafrechtlichen Fragen. Doch beim zweiten Lesen stellt man fest, dass dort sehr allgemeine Fragen des deutschen Justiz(un)wesens beschrieben werden:

Dieses Empfinden muss der Richter also berücksichtigen. Und das wiederum kann er nur, wenn er mit beiden Beinen im Leben steht. Dass das bei einigen Richtern nicht der Fall ist, liegt nicht zuletzt an ihrer Auswahl. Zwar gehen weiterhin exzellente Juristen in die Justiz, aber immer noch treten die allermeisten gleich nach dem Zweiten Staatsexamen ihren Dienst als Richter an und werden dann in der Justiz sozialisiert. Es fehlt an lebenserfahrenen, in der Anwaltschaft und Wirtschaft gestählten Quereinsteigern. Auch in der Justizverwaltung liegt einiges im Argen, wenn etwa die Diener des Gesetzes eher Diener ihrer Geschäftsstellen sind oder sich ein Frankfurter Richter den Zugang zu seinem Dienstgebäude nach 18 Uhr gerichtlich erstreiten muss.

Noch Fragen, Kienzle?

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Nik (3) muss nicht mehr allein sein
Knapp zweieinhalb Monate war der kleine Nik (3) allein, durfte seine Mutter (32) nicht sehen. Das Familiengericht hatte eine strikte Kontaktsperre verhängt. Heute wurde das Besuchsverbot wieder gelockert.
Ruhr Nachrichten 08.01.2008
Jörn Hartwich

Anderthalb Stunden tagte das Gericht hinter verschlossenen Türen. Dann stand die Entscheidung fest. Zwei Stunden pro Woche darf Mutter Sandra Tiefenhoff ihren jüngsten Sohn nun wieder besuchen. Schon am Montag soll es zu einem ersten Treffen kommen. "Diese zwei Stunden verbessern meine Welt", sagte die 32-Jährige nach der Entscheidung. "Ich bin total glücklich." Endlich könne sie ihr Kind wieder in den Arm nehmen. Wenn auch nur unter Aufsicht.

Lesen Sie die vollständige Nachricht hier.
Hintergrundinformationen dazu finden Sie hier.

Einen eigenen Kommentar erspare ich mir dieses Mal. Stattdessen verweise ich auf den Kommentar von Andreas Wegener in den Ruhr Nachrichten.

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Das Schweigen der Väter
Abwesend, zu wenig engagiert, ein Ärgernis – wenn in Deutschland über Männer und Familie gesprochen wird, klingt das meist nach Katastrophe. Dabei gibt es sie längst, die neuen Väter. Warum hört man so wenig von ihnen?
DIE ZEIT 19.12.2007
Matthias Krupa

Von Vätern war ja viel die Rede in diesem Jahr. Von neuen Vätern und von alten, von Vätermonaten und Väterstreik. Von Vätern, die nachts heimlich Speichel von den Schnullern ihrer Kinder kratzen, um sicherzugehen, dass die eigenen Gene daran kleben. Und natürlich, wie stets, von Vätern, die fehlen, Reißaus nehmen und ihrer Verantwortung entfliehen. Also spricht die Bundesfamilienministerin, ernst und streng: »Diese Gesellschaft wird nicht weiterexistieren können, ohne dass die Vaterrolle weiterentwickelt wird.« Mag sein. Nur merkwürdig: Die, die sich da so dringend ändern sollen, kommen im großen deutschen Familiendiskurs (der naturgemäß immer auch ein Katastrophendiskurs ist) nur selten zu Wort. Die Väter schweigen.

Lesen Sie die vollständige Nachricht hier.

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"Irritierendes Bild des deutschen Rechtsstaates"
DRiZ 12/2007, S. 343
Markus Verbeet

Der Verfasser geht in seinem Gastkommentar auf den Fall Kazim Görgülü ein, der in zahlreichen Gerichtsverfahren nun bereits seit acht Jahren um seinen leiblichen Sohn Christofer kämpfe, den die Mutter nach der Geburt zur Adoption freigegeben habe.

Leider ist der Kommentar im Wortlaut nicht im Internet verfügbar. Daher wird hier auf die Rezension von RAin Dorothea Goelz in den RechtsNews von LexisNexis® verwiesen.

In seinem Kommentar gelangt Markus Verbeet zu der Schlussfolgerung:
"Alle diese Merkwürdigkeiten fügen sich zu einem irritierenden Bild des deutschen Rechtsstaats und seiner Richter. Im Falle des unschuldigen kleinen Jungen scheint nur noch eins zu gelten: Murphys Gesetz - was schief gehen kann, geht auch schief."

Wer sich mit dem Fall Görgülü auseinandergesetzt hat, kann ihm nur beipflichten. Doch Görgülü ist kein Einzelfall. Wen wundert es, dass namhafte Juristen von Irrationalem Recht oder gar dem Niedergang des Rechtsstaates sprechen?
Lesen Sie hier die Diskussion mit Herrn MdB Hans-Christian Ströbele zu diesemThema.

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Männerschelte mag man eben?
Pauschalisierende Hetze gegen das "starke Geschlecht" ist gesellschaftspolitisch und pädagogisch kontraproduktiv.
diestandard.at 08.01.2008
Josef Aigner
Josef C. Aigner, Erziehungswissenschafter, Psychoanalytiker und zweifacher Vater, lehrt an der Uni Innsbruck.

Gerhard Amendt hat mit seiner Kritik an Frauenministerin Bures' Werbeaktion, die die Gewalt in der Familie als "reines Männerproblem" darstellt, viel Staub aufgewirbelt: wahrscheinlich nicht nur wegen seiner Thesen, sondern weil das Thema emotional derart brisant ist, dass einem als Mann sowieso geraten wird, besser die Klappe zu halten. Aber auch das ist schon wieder ein Teil des Problems: hier der gewalttätige Mann, und wer Mann ist, gehört zu den "potenziellen Tätern"! Also kusch!

Lesen Sie den vollständigen Kommentar hier.

Ein weiterer treffender Kommentar: Immer dann, wenn in einer Gesellschaft bestimmte Gruppen ausgegrenzt werden, ob aus ethnischen, religiösen Gründen oder wegen ihres Geschlechts, dann bereitet sich der Nährboden für politische Umstürze. Niemand müsste das besser wissen als die Frauen, die nach ihrer eigenen Aussage das unterdrückte Geschlecht waren. Warum streben dann viele von ihnen nicht die Gleichberechtigung, sondern die Vorherrschaft an?

Zwei wichtige Passagen aus dem Kommentar von Josef Aigner seien hier noch wiedergegeben:


Und wenn man weiß, dass Männer, die von klein auf Nähe (auch körperliche) zu kleinen Kindern haben (Körperpflege etc.), in einem statistisch verschwindenden Ausmaß zu Missbrauchstätern werden, dann sieht man, wie fatal die Hetze gegen die "gefährlichen" Männer sein kann: je mehr Männer - wodurch und von wem immer - von kleinen Kindern ferngehalten werden, desto wahrscheinlicher werden die "normalerweise" kaum nachvollziehbaren Fälle von Kindesmissbrauch.

Wir brauchen also eigentlich das Gegenteil von pauschalierender Männerschelte und statt dessen kritische Analysen der zu Gewaltneigung führenden Prozesse des Aufwachsens. Wir brauchen auch besser geförderte Männerzentren und -beratungsstellen, die einen unschätzbaren Dienst gegen männliche Gewaltkulturen leisten - und dennoch immer um ihre Budgets zittern müssen, weil es offenbar 'political' nicht so 'correct' ist, Männerinitiativen zu fördern. Wir brauchen insgesamt eine neue Sensibilität für Fragen der Gewalt, die nicht nur immer auf die Täter-Opfer-Dichotomie setzt, sondern den Ursachen von Gewalt in Familie und Gesellschaft seitens der Wissenschaft und der Politik entgegentritt.

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