Samstag, 27. Oktober 2007
 
Ungehorsam ist einem rechtsstaatlichen Strafrecht als Strafgrund fremd
Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -
Pressemitteilung Nr. 7/2007 vom 25. 01. 2007
Zum Beschluss vom 27. 12. 2006 – 2 BvR 1895/05

Der Beschwerdeführer ist Vater einer im Jahre 1995 geborenen Tochter. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind wurde der Mutter, seiner früheren Ehefrau, übertragen. Im Jahr 2001 reiste das Mädchen mit dem Einverständnis seiner Mutter zu Verwandten des Beschwerdeführers nach Algerien, wo sie sich seither aufhält. Alle Versuche der Mutter, ihre Tochter wieder nach Deutschland zu holen, scheiterten daran, dass für die Ausreise nach algerischem Recht ein notariell beurkundetes Einverständnis des Vaters notwendig ist. Dieses hat der Beschwerdeführer von Anfang an verweigert. Infolge dieser Weigerung wurde er zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auch nach Rechtskraft dieser Verurteilung weigerte sich der Beschwerdeführer, das Einverständnis zu erteilen. Daraufhin wurde er erneut wegen Kindesentziehung zu einer weiteren Freiheitsstrafe von nunmehr drei Jahren verurteilt.

Die gegen seine zweite strafgerichtliche Verurteilung gerichtete Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers hatte Erfolg.

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Den Volltext des Beschlusses finden Sie hier.

Das ist einer der Beschlüsse, der sich mit dem Rechtsempfinden des Bürgers "beißt". Aber es geht noch wundersamer:
Ein Vater hat das alleinige Sorgerecht; die Mutter gibt das Kind nach dem Umgang nicht heraus. Dafür wird sie zwar nicht bestraft, aber Richter ordnet immerhin die Herausgabe des Kindes an. Doch das Jugendamt verweigert die Herausgabe, und das Kind kehrt schließlich zur Mutter zurück. Das Gericht ermahnt Jugendamt und Mutter noch zweimal - ohne Erfolg. Dann kapituliert die Justiz und überträgt das Sorgerecht auf die Mutter. Auch daran fand das Bundesverfassungsgericht nichts auszusetzen.

Eigentlich müsste die Schlagzeile heißen: "Ungehorsam ist in Deutschland ein Grund für Belohnung." Wie war das mit dem Vertrauen des Bürgers in die Justiz?

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