Mittwoch, 31. Oktober 2007
 
Maischberger: Vorsicht, Justizirrtum!
Da zur Zeit immer mehr kritische Beiträge aus dem Internet verschwinden, anbei ein Hinweis auf die Sendung "Menschen bei Maischberger" vom 17.05.2007.
Eines der Hauptthemen waren die sog. "Wormser Prozesse".

Klicken Sie zunächst hier und dort auf den Link zur Sendung.

Auch hier kommt wieder die Selbstgerechtigkeit der Richter zum Vorschein: "Sie sind jetzt Opfer eines Justizirrtums, aber das ist ein Fall von 10.000". Man vergleiche das mit anderen Aussagen in diesem Presseblog.

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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte – zwischen Erfolg und Kollaps
Vortrag beim Deutschen Juristinnenbund 19.04.2007
Dr. h.c. Renate Jaeger, Richterin am EGMR, Richterin des Bundesverfassungsgerichts a.D.

Zu den am meisten gestellten Fragen gehört: „Womit beschäftigt sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eigentlich?“ und „Braucht Deutschland einen solchen Gerichtshof? Wir haben doch das Bundesverfassungsgericht!“

Lesen Sie den Wortlaut des Vortrags hier.

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Sonntag, 28. Oktober 2007
 
Richterdienstaufsicht - ein Experiment
Zeitschrift für anwaltliche Praxis 2/2005 vom 19. 1. 2005
Dr. Egon Schneider

Eine crux unseres Rechtswesens ist das völlige Versagen der Dienstaufsicht gegenüber Richtern. Wenn SCHULZE-FIEUTZ (DREIER, Grundgesetz, 2000, Art. 97 Rn. 33) von "Leisetreterei" spricht, dann ist das noch eine Verharmlosung. Welche Rechtsverletzungen Richter auch immer begehen mögen, ihnen droht kein Tadel. Alles wird "kollegialiter" unter den Teppich des "Kernbereichs der richterlichen Unabhängigkeit" gekehrt.

Um das einmal aktenkundig zu machen, habe ich ein Dienstaufsichtsverfahren eingeleitet und "durchgezogen". Mit einem Erfolg hatte ich von vornherein nicht gerechnet. Erwartet hatte ich jedoch eine Auseinandersetzung mit der Rechtslage. Ich war gespannt auf die Argumente, mit denen der Schutzwall aufgebaut werden würde. Doch auch diese Erwartung ist enttäuscht worden. Der Vorgang erstreckt sich über 29 Schriftsatzseiten.

Lesen Sie die vollständige Nachricht hier.

Wie heißen die 3F im Anwaltsjargon? Dienstaufsichtsbeschwerden sind formlos, fristlos, fruchtlos! Egon Schneider hat den Nachweis erbracht. Da er früher selbst Richter am OLG war, wird ihm wohl niemand mangelnde Sachkunde nachsagen können.

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Samstag, 27. Oktober 2007
 
Der Niedergang des Rechtsstaates
Festschrift für Christian Richter II
Nomos-Verlag 26.09.2006
Dr. Egon Schneider

Wer nicht praktizierender Anwalt ist, macht sich keine Vorstellung über den alltäglichen Kampf ums Verfahrensrecht. Unentwegt wird im Zivilprozess - auf den sich die folgende Darstellung beschränkt - von den Gerichten fahrlässig bis vorsätzlich gegen zwingende einfachrechtliche Vorschriften und gegen die Grundrechte verstoßen. Vielfach müssen die Parteien das wehrlos hinnehmen.

Berichte über grobe und gröbste Verstöße gegen das Verfahrensrecht werden aus Justizkreisen damit abgeblockt, es handele sich um Einzelfälle. Um diese unwahre Beschönigung zu widerlegen, habe ich seit 1992 als Herausgeber der Zeitschrift für die Anwaltpraxis (ZAP) den ZAP-Report: Justizspiegel eingeführt und die Leser um Mitarbeit durch Einsendungen gebeten. Deren Reaktion war überwältigend! Anwälte aus ganz Deutschland haben über ihre bedrückenden Erlebnisse berichtet und berichten immer noch darüber. Fast alle äußerten sich frustriert und verbittert, weil sie Rechtsverletzungen wehrlos hinnehmen mussten. Denn zu den Verfahrensverstößen kommt es vornehmlich, wenn kein Rechtsmittel vorgesehen ist. In den zwölf Jahren habe ich weit mehr als tausend Einsendungen bearbeitet und über viele davon berichtet. Der folgenden Darstellung liegt auch ein Teil dieser Veröffentlichungen zugrunde.

Lesen Sie den vollständigen Aufsatz hier.
Mehr zum Thema siehe hier .

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Irrationales Recht
ZAP-Sonderheft zu, 75. Geburtstag von Dr. Egon Schneider, 2002, S. 52
Dr. Ekkehart Reinelt, Anwalt am Bundesgerichtshof

Es ist nicht zu verkennen: Das deutsche Zivilrecht unterliegt einer zunehmenden Irrationalisierung. Beiträge hierzu liefern Gesetzgebung und Rechtsprechung. Wo Menschen zu Werke gehen, werden auch Fehler gemacht. Irren ist menschlich. Fehler muß man deshalb nicht nur dem Gesetzgeber, sondern insbesondere auch Richtern konzedieren. Es gibt aber Fehler, deren Ursachen auf grundlegend falsche Weichenstellungen zurückzuführen sind. Die Überflutung mit Generalklauseln und unbestimmten Formulierungen bedingt eine Erweiterung der Befugnisse des Richters bei der Anwendung gesetzlicher Bestimmungen. Diese Erweiterung der richterlichen Befugnisse und die Aufgabe rational nachvollziehbarer Methodik sind Ursachen für Fehlentwicklungen, die die irrationalen Elemente im Recht und in der Rechtsanwendung verstärken. ERNST WOLF spricht gar in diesem Zusammenhang von einer "Krise des Rechtsstaats".

Lesen Sie den vollständigen Aufsatz hier.

Ein erschütternder Aufsatz. Auch wenn die Beispiele in Abschnitt III. am Themenbereich des Presseblogs vorbeigehen, sollte man sich die Zeit nehmen, den ganzen Aufsatz zu lesen.

Eine der Kernthesen lautet:

"Die Bindung des Richters an Recht und Gesetz nach Art. 20 GG ist von der Rechtsprechung unter der Ägide des Bundesverfassungsgerichts schon seit Jahrzehnten aufgegeben worden. Das BVerfG vertritt dazu die Auffassung, daß die traditionelle Bindung des Richters an das Gesetz abgewandelt sei. Der Richter sei nach dem Grundgesetz nicht darauf angewiesen, gesetzgeberische Weisungen in den Grenzen des möglichen Wortsinns auf den Einzelfall anzuwenden. Er könne sich der "Aufgabe der Fortbildung des Rechts" nicht entziehen (BVerfGE 34, 286). Diese über das Prinzip der Gewaltenteilung und die Grenzen des Art. 20 GG hinausgehende Freifahrkarte, die das BVerfG der Rechtsprechung ausstellt, führt nicht nur zur ständigen Schöpfung neuer rechtlicher Vorschriften durch die Rechtsprechung, dabei beispielsweise auch zu solchen, die noch nicht gelten, aber nach der Rechtsprechung des BVerfG erst nach bestimmten Zeitläufen in Kraft treten sollen, ebenso wie manche Vorschriften verfassungswidrig sein, jedoch vorerst befristetet weiter gelten sollen, sondern auch dazu, daß die Bindung an bestehende gesetzliche Vorschriften beliebig beiseite geschoben wird. Das BVerfG hat sich zum Supergesetzgeber aufgeschwungen und stellt den Richter über das Gesetz. Diesem Vorbild folgen nicht nur die Obersten Bundesgerichte, sondern zwischenzeitlich auch häufig die unteren Instanzen ..."

Das ist das Ende der Gewaltenteilung. Richter entwickeln im Rahmen ihrer Urteile neue Normen und wenden sie sofort auf den konkreten Fall an. Der Gesetzgeber wird überflüssig. Da die neuen Normen erst im Rahmen der Urteile bzw. Beschlüsse aufgestellt werden, weiß niemand mehr, nach welchen Kriterien eigentlich entschieden wird. Rechtssicherheit ade!

Der ausführlichen Analyse der Misere unseres Rechtswesens ist nichts hinzuzufügen, es sei denn, dass sich das Tempo der Entwicklung seit 2002 eher erhöht hat.

Darf künftig freitags in Einbahnstraßen noch geraucht werden, oder wird das im Rahmen der richterlichen Fortentwicklung der StVO mit einstweiliger Erschießung bestraft?


Mehr zum Thema siehe hier.

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Experten kritisieren Umsetzung des deutschen Völkerstrafgesetzbuchs
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
heute im Bundestag Nr. 269 - Pressedienst des Deutschen Bundestages 25.10.2007
(hib/BES)

Das seit 2002 geltende deutsche Völkerstrafgesetzbuch gehört nach Meinung von Experten zu den weltweit progressivsten, es gibt aber Mängel bei seiner Anwendung: "Deutschland muss endlich beginnen, das Völkerstrafgesetzbuch umzusetzen." Mit diesem Appell hat sich Géraldine Mattioli, Expertin für Internationales Recht bei Human Rights Watch, bei einer öffentlichen Anhörung am Mittwochabend an die Abgeordneten im Menschenrechtsausschuss gewandt. Die Bundesrepublik verfüge über die besten Instrumentarien, die fehlende Umsetzung stehe aber im scharfen Kontrast zu anderen Staaten. Dies habe etwas mit dem politischen Willen zu tun, so Mattioli. Die Politik müsse den Strafverfolgungsbehörden dringend die nötige personelle und finanzielle Ausstattung angedeihen lassen. Die Expertin empfahl auch einen Blick ins Ausland. In den Niederlanden würden zum Beispiel Infobroschüren an Asylsuchende verteilt, in denen sie aufgeklärt würden, an wen sie sich wenden können, wenn sie Kenntnisse über Kriegsverbrecher aus ihrer Heimat besitzen. Bei der weltweiten Strafverfolgung von Menschenrechts- und Kriegsverbrechern dürfe sich Deutschland nicht auf diplomatische Gründe berufen, meinte Mattioli in Anspielung auf die Fälle des früheren usbekischen Innenministers Almatow, der im Zusammenhang mit dem Massaker von Andischan gesucht wird, und des früheren US-Verteidigungsministers Donald Rumsfeld. Gegen ihn wurde in Deutschland zweimal eine Strafanzeige wegen Foltervorfälle im amerikanischen Gefängnis Abu Ghraib im Irak erstattet und von der Generalbundesanwaltschaft nicht zugelassen. In diesem Zusammenhang plädierte unter anderen Professor Kai Ambos, Richter am Landgericht Göttingen, für die Einführung eines gerichtlichen Zustimmungserfordernisses oder eines Klageerzwingungsverfahrens. Im Fall Rumsfeld sei im Ausland der falsche Eindruck entstanden, die Generalstaatsanwaltschaft in Deutschland sei "der verlängerte Arm der Exekutive". Nur eine gerichtliche Entscheidung könne hier die Zweifel ausräumen, zumal der Generalstaatsanwalt als ein politischer Beamter und vom Bundesjustizministerium abhängig gelte. "Ich bin kein politischer Beamter", widersprach Rolf Hannich, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof. "Es gibt und gab keine Weisung des Ministeriums." Im Fall Almatow sei die Strafanzeige erst eingegangen, als dieser bereits Deutschland verlassen habe. Im Übrigen sehe Hannich als Praktiker keinen Grund das geltende Gesetz zu ändern. "Keinerlei Anlass" dazu sieht auch der Richter am Internationalen Strafgerichtshof, Hans-Peter Kaul. Man solle bei der Bewertung des deutschen Völkerstrafgesetzbuches nüchtern und gelassen bleiben. Potenzial für Verbesserungen gebe es allerdings bei der Zusammenarbeit mit dem EU-Netzwerk zur Untersuchung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Die Gründung eines von der Generalbundesanwaltschaft unabhängigen Dokumentationszentrums empfahl Professor Horst Fischer von der Ruhr-Universität Bochum. Dies könnte Beweise und für die Verfolgung von Straftätern wichtige Daten sammeln und so die Strafverfolgung erleichtern. Eine aktivere Rolle Deutschlands bei der Strafverfolgung aufgrund des Weltrechtsprinzips verlangte der Berliner Fachanwalt für Strafrecht, Wolfgang Kaleck, der besonders durch seine Strafanzeige gegen Rumsfeld bekannt wurde. Er sprach sich für die so genannten Ermittlungen auf Vorrat aus. Beispiele aus dem Ausland zeigten, dass aufgrund solcher Ermittlungen bedeutsame Erfolge wie im Falle des chilenischen Ex-Diktators Pinochet möglich seien. Dafür müssten aber die deutschen Behörden personell besser ausgestattet werden. In der Bundesanwaltschaft seien derzeit lediglich drei Personen nebenamtlich mit der Verfolgung der komplexen Menschenrechtsverbrechen tätig. Dies sei eindeutig zu wenig, meinte Kaleck. In Holland befasse sich damit ein Team von 32 Experten. Claus Kreß von der Universität Köln thematisierte unter anderem die Zuerkennung von Immunitätsschutz bei ehemaligen Staatsorganen. Dies sei der problematischste Aspekt der bisherigen Praxis zum Völkerstrafgesetzbuch. Dies sei völkerrechtspolitisch fatal und nur durch eine "Kurskorrektur" des Generalbundesanwalts zu beheben.

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Ungehorsam ist einem rechtsstaatlichen Strafrecht als Strafgrund fremd
Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -
Pressemitteilung Nr. 7/2007 vom 25. 01. 2007
Zum Beschluss vom 27. 12. 2006 – 2 BvR 1895/05

Der Beschwerdeführer ist Vater einer im Jahre 1995 geborenen Tochter. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind wurde der Mutter, seiner früheren Ehefrau, übertragen. Im Jahr 2001 reiste das Mädchen mit dem Einverständnis seiner Mutter zu Verwandten des Beschwerdeführers nach Algerien, wo sie sich seither aufhält. Alle Versuche der Mutter, ihre Tochter wieder nach Deutschland zu holen, scheiterten daran, dass für die Ausreise nach algerischem Recht ein notariell beurkundetes Einverständnis des Vaters notwendig ist. Dieses hat der Beschwerdeführer von Anfang an verweigert. Infolge dieser Weigerung wurde er zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auch nach Rechtskraft dieser Verurteilung weigerte sich der Beschwerdeführer, das Einverständnis zu erteilen. Daraufhin wurde er erneut wegen Kindesentziehung zu einer weiteren Freiheitsstrafe von nunmehr drei Jahren verurteilt.

Die gegen seine zweite strafgerichtliche Verurteilung gerichtete Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers hatte Erfolg.

Lesen Sie die vollständige Nachricht hier.
Den Volltext des Beschlusses finden Sie hier.

Das ist einer der Beschlüsse, der sich mit dem Rechtsempfinden des Bürgers "beißt". Aber es geht noch wundersamer:
Ein Vater hat das alleinige Sorgerecht; die Mutter gibt das Kind nach dem Umgang nicht heraus. Dafür wird sie zwar nicht bestraft, aber Richter ordnet immerhin die Herausgabe des Kindes an. Doch das Jugendamt verweigert die Herausgabe, und das Kind kehrt schließlich zur Mutter zurück. Das Gericht ermahnt Jugendamt und Mutter noch zweimal - ohne Erfolg. Dann kapituliert die Justiz und überträgt das Sorgerecht auf die Mutter. Auch daran fand das Bundesverfassungsgericht nichts auszusetzen.

Eigentlich müsste die Schlagzeile heißen: "Ungehorsam ist in Deutschland ein Grund für Belohnung." Wie war das mit dem Vertrauen des Bürgers in die Justiz?

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Tag der offenen Tür im Bundesverfassungsgericht am 21. November 2007
Verhandlung des Ersten Senats über Verfassungsbeschwerde eines Vaters gegen Zwang zum Umgang mit seinem nichtehelichen Kind
Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -
Pressemitteilung 89/2007 vom 07.09.2007

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt im Rahmen der
Tage der offenen Tür am

Mittwoch, 21. November 2007, 10:00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe

eine Verfassungsbeschwerde zur Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, einen Vater durch Androhung eines Zwangsgeldes zum Umgang mit seinem Kind zu zwingen.

Lesen Sie die vollständige Ankündigung hier.

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Freitag, 26. Oktober 2007
 
Gerichtshof stärkt Rechte von Vätern Fall Görgülü: Anwältin fordert Konsequenzen
Der Tagesspiegel 16.10.2007
Tsp

Nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) im Sorgerechtsstreit des türkischen Vaters Kazim Görgülü hat dessen Rechtsanwältin die zuständigen Ämter zum Handeln aufgefordert. Es habe Urteile der Gerichte bislang nur schleppend umgesetzt, sagte die Bochumer Fachanwältin für Familienrecht Azime Zeycan dem Tagesspiegel. Sie hoffe jetzt, dass „die Mitarbeiter des Landesverwaltungsamts den BGH-Beschluss verstehen und sich daran halten. Das Ergebnis ist: Der Junge muss jetzt zügig zu seinem Vater.“ Der Vater werde in seinem Verhalten vom BGH in allen Punkten bestätigt.

Lesen Sie die vollständige Nachricht hier.

Wieder einmal hat Vater Görgülü von einem hohen Gericht Recht bekommen. Die Frage ist nur: wird der Beschluss auch umgesetzt werden? Skandalös ist, dass der BGH überhaupt noch eingeschaltet werden musste, denn ähnliche Beschlüsse haben bereits das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gefasst. Doch die wurden von den zuständigen Behördeneinfach ausgehebelt. Dass so etwas in einem Rechtsstaat möglich ist, noch dazu ohne Konsequenzen für die handelnden Personen, beschäftigt nun unter anderem das Europäische Parlament.

Mit diesem Rechtsverständnis ist Deutschland bereits mehrfach dem Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte
aufgefallen. Wären wir nicht bereits Mitglied der EU, hätten wir derzeit wohl kaum Aussichten, aufgenommen zu werden.
Auch im Inland ist die Kluft zwischen Politik und Bürgern so tief wie nie.

Der "Fall Görgülü" hat internationale Berühmtheit erlangt. Unabhängig von allen juristischen Erwägungen zeugt er nicht gerade für besondere Familienfreundlichkeit in diesem Staate. Man darf gespannt sein, ob dieser Beschluss des BGH nun endlich befolgt werden wird.

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Donnerstag, 25. Oktober 2007
 
Bundesgerichtshof stärkt Rechte nichtehelicher Väter
YAHOO! NACHRICHTEN 24.10.2007
AFP

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat die Rechte nichtehelicher Väter gestärkt. Nach einem am Mittwoch bekannt gegebenen Beschluss können sie ohne Zustimmung der Mutter das Sorgerecht für ihr Kind bekommen, wenn die Mutter das Kind nicht selbst aufziehen, sondern zur Adoption freigeben will. Pflegeeltern, die das Umgangsrecht des leiblichen Vaters nicht akzeptieren wollen, drohten die Karlsruher Bundesrichter mit einer Herausnahme des Kindes aus der Pflegefamilie. Bei allen Entscheidungen sei allerdings "das Kindeswohl als oberstes Gebot zu berücksichtigen". (Az: XII ZB 229/06)

Lesen Sie die vollständige Nachricht hier.

Kommentar von Dietmar Nikolai Webel, Vorstandsmitglied im "Väteraufbruch für Kinder" (VAfK):

„Es tut uns sehr leid. Wir haben einen Fehler gemacht?“
Der BGH hat entschieden und doch nicht entschieden, die Beschwerde über den Sorgerechtsbeschluss des OLG Naumburg wurde zwar zurückgewiesen, aber die Richter machten klar, dass der betroffene Vater daran kein Schuld hat und haben kann. Im Gegenteil. Sie gingen weit über das hinaus, was erforderlich gewesen wäre. Nach Lesen des Beschlusses könnte man den Inhalt folgendermaßen zusammenfassen:

„Wir haben die Nase voll. Hallo Behörden von Sachsen-Anhalt, es reicht uns jetzt. Macht was wir Euch jetzt sagen und Schluß endlich mit der Hinhalte-Taktik. Das Kind kommt jetzt schnellstmöglich zurück zum Vater. Ein Trennungsschmerz ist dann da, wäre auch schön, wenn der Junge weiterhin noch mit den Pflegeeltern und dem Pflegebruder Kontakt haben könnte – aber ansonsten ab zum Vater. Und zwar dalli, dalli. Und basta. Keine Widerrede mehr, das könnt Ihr auch jetzt nicht mehr haben, weil man gegen einen Zurückweisung ja nicht klagen kann. Also keine Fisimatenten mehr, wir haben Euch auch alles noch mal vor die Nase gehalten, was Ihr im Einzelnen für Mist gemacht habt und damit das Ganze unsäglich in die Länge gezogen habt. Sogar noch nach dem EMGR-Urteil und später nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Jetzt lassen wir uns nicht mehr von Euch auf der Nase herumtanzen, die Görgülüs haben genug gelitten, ihre Rechtsanwältin Azime Zeycan genug gekämpft. Wir sagen jetzt dem Jugendamt und dem Vormund wie das geht, damit der Junge jetzt zum Vater kommt und basta.“

Schelte für das Naumburger OLG

In einer bemerkensweiten Detailgenauigkeit wurde akribisch jeder Beschluss aufgezählt, wer wann in Beschwerde gegangen ist, wie entschieden worden ist – um eines wohl genau aufzuzeigen: mit welcher unzumutbar langen Zeitspanne ein Vater vergeblich um seinen Sohn gekämpft hat. Und welche gravierenden Rechtsverletzungen vom Oberlandesgericht Naumburg nicht nur nicht verhindert worden seien, sondern wohl eher noch ihre Unterstützung fanden. An dieser Stelle wurde auch klar, dass eine mutige Amtsrichterin in Wittenberg sich vergeblich immer wieder gegen das mächtige OLG gestemmt hat – und zuletzt doch Recht behalten sollte. Ach ja, und der BGH vergaß auch nicht zu erwähnen, dass man ja ursprünglich einen renommierten Professor der Kinder- und Jugendpsychiatrie als Gutachter nehmen wollte. Und was nahmen die Richter aus dem Naumburger no-go-area? Frau Kerstin von Gehlen. Frau wer? Vergessen wir es schnell, Schwamm drüber.

Verständnis für die Aktivitäten des Vaters – Klare Grenzen den Pflegeeltern gezeigt

Auffällig an der BGH-Entscheidung war auch das Verständnis, welches die Richter für das Verhalten des Vaters aufbrachten – wenn er demonstrierte oder wenn er sich an die Öffentlichkeit wandte. Denn wenn man „gegen wiederholt fehlerhafte Entscheidungen“ kämpft, dann auch so. Auf deutsch: „Die Naumburger Juristen, die Pflegeeltern, das Jugendamt und die anderen Behörden haben Euch Unrecht getan, dann darf man auch dagegen demonstrieren. Aber erst, wenn es hohe Gerichte feststellen.“

Deutlich dagegen die Drohung gegen die Pflegeeltern und deutlich auch die Unterstützung für den zuletzt eingesetzten Vormund: Wenn die Pflegeeltern sich weiter gegen den Umgang mit dem leiblichen Vater sträuben, dann hilft nur eins: Kindesherausnahme. Zumal der BGH wohl das Verhältnis zwischen Pflegeeltern und Kind als gestört ansieht. Die Rolle einer leiblichen Elternschaft wurde gegenüber sozialer Elternschaft hervorgehoben.

Auswirkungen des BGH-Beschlusses für nicht-eheliche Väter

In den Fällen, wo Mütter nicht betreuen können oder wollen, dürften nun Väter aufgrund ihres natürlichen Elternrechts Vorrang haben. Bevor ihre Kinder von Dritten betreut werden sollen, haben ihre Väter Vorrang vor allen anderen Betreuungspersonen. Voraussetzung ist natürlich wie immer, dass das Kindeswohl nicht gefährdet sein darf, aber auch hier gilt: Trennungsschmerz ja, aber die langfristigen Auswirkungen der Trennung von Kindern und ihren Eltern/Vätern muß mit berücksichtigt werden.

Mögliche Schwachpunkte

Natürlich könnte man den BGH-Beschluß auch kritisch sehen: Warum keine weniger einschneidende Maßnahmen? Warum keine Einsetzung eines Umgangspflegers? Tja, dann wären die Probleme nicht gelöst. Wenn der leibliche Vater über Krankenhaus-Aufenthaltsorte entscheiden soll und die Pflegeeltern sich dagegen sperren sollten? Es gäbe also in der Praxis dauernd Konfliktpotentiale. Daher ist der BGH-Beschluss letztlich die richtige Entscheidung. Es wird jedoch Kritik geben: Woher nimmt der BGH die Gewissheit, dass das Verhältnis Kind-Pflegeeltern gestört ist? Das hätte man auch genauer erklären können. Sicherlich. Aber letztlich kommt es darauf nicht an. Niemals war das Kind bei Pflegeeltern, weil es - wie sonst üblich - bei Eltern herausgenommen werden musste.

Grenzen auch der Pflegeeltern-Lobby aufgezeigt

Pflegeeltern sind halt auch nicht immer gleich Pflegeeltern. Es gibt solche und solche, wie bei richtigen Eltern auch. Und das sollte zukünftig auch besser beachtet werden. Wenn Pflegeeltern als solche ungeeignet sind, sollte ein Wechsel des Kindes in eine andere Pflegestelle in Betracht kommen, damit der Wechsel zu den leiblichen Eltern vonstatten gehen kann. Daher ist dieser Beschluss auch eine Niederlage für die Pflegeeltern-Lobby. In diesem Falle hat Professor Dr. Ludwig Salgo von der Universität Frankfurt und Frau Dr. Gisela Zenz (eine pensionierte Universitätsprofessorin) zweimal eine Schlappe hinnehmen müssen – einmal als Prozessvertreter der Verfahrenspflegerin im Fall Görgülü vor dem Bundesverfassungsgericht und nun mit diesem BGH-Beschluss.

An dieser Stelle sollte deutlich gemacht werden, dass diese zwei Personen laut Behördenauskunft eine regelrechte Kampagne gegen Familie Görgülü gestartet haben sollen, ohne sie zu kennen. Ja, sie beantragten sogar den Umgangsausschluss im Fall Görgülü vor dem Bundesverfasssungsgericht als o.g. Prozessvertreter. Diese beiden Pflegeeltern-Lobbyvertreter, Salgo und Zenz, waren sich offenbar nicht zu schade, im Hintergrund im Görgülü-Verfahren mitzumischen. Aber um die Familie ging es wohl auch gar nicht.

Praktischerweise liegt Salgo auch die Ausbildung von Verfahrenspflegern sehr am Herzen. Und wie man im Fall Görgülü sehen kann, geht’s damit scheinbar auch leichter, um vor dem Bundesverfassungsgericht mal aufzutreten. Wobei die Frage erlaubt sein muß: Handelt es sich hier um einen Ideologiestreit oder geht es um einen kleinen Jungen und dessen Vater? Haben die beiden Professoren eventuell befürchtet, dass die Rechte leiblicher Eltern gestärkt werden könnten? Oder etwa gar die von leiblichen Vätern?

Nebenbei bemerkt: Auch in einem anderen Fall – in dem ein Vater mehr als zehn Jahre um seine beiden Kinder gekämpft hat - haben die beiden Frankfurter Professoren einen Verfahrensbeteiligten, nämlich den Ergänzungspfleger stetig „beraten“ und praktischerweise auch gleich das betreffende Frankfurter Jugendamt mit. Bis heute hat der betreffende Vater keinen Kontakt zu seinen Kindern, so wie er es sich wünscht. Anscheinend werden nicht nur im Görgülü-Verfahren manche Beteiligte von Frankfurter Professoren „beraten“. Ob man auf diese Weise Verfahren manipulieren kann? Diese Frage sollte sich jeder selber beantworten.

Fazit:

Das BGH-Urteil hat Klarheit gebracht. Die Frage ist nur, wie die Behörden von Sachsen-Anhalt nun in der Praxis angehalten werden können, damit jetzt zügig der Umgang ausgebaut und das Kind zum Vater wechseln kann. Denn bisher haben ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) und sechs Urteile des Bundesverfassungsgerichtes nicht ausgereicht, um die Behörden endlich auf den richtigen Weg zu bringen.

Der Familie Görgülü ist soviel Unrecht passiert, dass es an der Zeit wäre, dass sich Behördenleiter oder der Oberlandesgerichtspräsident von N. (man mag es schon gar nicht mehr schreiben) wenigstens jetzt mit menschlichen Gesten melden würden. Mit nur einem Wort bei ihnen melden würden: „Entschuldigung.“ Und wer noch ein kleines bisschen mehr Größe hat, darf auch sagen: „Es tut uns sehr leid. Wir haben einen Fehler gemacht.“

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